Fast 80 Jahre nach ihrem Tode 1937 fand am Freitag, dem 18. November 2016, im Huldigungssaal des Rathauses ein bemerkenswerter Festakt zu Ehren von Elisabeth Maske statt.
Die 1860 in Lüneburg geborene ehemalige Schülerin und Lehrerin der heutigen Wilhelm-Raabe-Schule wurde vom Landesfrauenrat Niedersachsen e.V. als bedeutende historische Frauenpersönlichkeit geehrt. In den Bereichen Bildung und Turnen hat sie bahnbrechend für Frauen gewirkt und ihnen Wege geebnet, die heute völlig selbstverständlich sind, aber mühsam erkämpft werden mussten. Lia Maske war meist die Erste, die in die Männerbastionen eindrang.
Seit Freitag ist Lüneburg der 31. frauenORT in Niedersachsen. Der Titel „FrauenORTE Niedersachsen Elisabeth Maske – Lüneburg“ wurde von Mechthild Schramme-Haack, Vorstandsmitglied des Landesfrauenrates, überreicht.
In seiner ausführlichen Laudatio würdigte Dr. Thomas Lux, Leiter des Stadtarchivs der Hansestadt Lüneburg, Leben und Wirken von Lia Maske vor dem Hintergrund der historischen Entwicklungen in den Bereichen Bildung und Turnen. Lia Maske entfernte sich von der frauenüblichen Rolle im 19. Jahrhundert. Schon als Kind turnte sie im MTV, später leitete sie die Damenabteilung des MTV und trug das Frauenturnen in die Öffentlichkeit. Sie initiierte das erste Kreisfrauenturnfest, war das erste weibliche Vorstandmitglied des Männerturnvereins und bekleidete Ehrenämter auf verschiedensten Ebenen der deutschen Turnerschaft. Als erster Frau wurde ihr 1930 die Ehrenurkunde der deutschen Turnerschaft verliehen.
Der heutigen Wilhelm-Raabe-Schule war sie von Kindesbeinen an verbunden. 1880 legte sie die Prüfung für Höhere Töchterschulen ab. Sie war aber nicht auf Lüneburg fixiert, sondern ihre Neugier, ihr Wissensdurst und ihre Freude am Reisen weiteten ihren Horizont. Sie besuchte als eine der ersten Frauen ein Lehrerinnenseminar in Wolfenbüttel, arbeitete als Gouvernante auf einem Gut in Schlesien und bei einer Bankiersfamilie in Genf, ehe sie 1889 als Lehrerin an die Höhere Töchterschule in Lüneburg zurückkehrte. 1894 legte sie die Oberlehrerinnenprüfung für Biologie und Französisch ab. Doch auch dies genügte ihr nicht. Von 1895 bis 1897 ließ sie sich zum Studium beurlauben und war 1895 die erste Studentin an der Universität Göttingen. Als erste akademisch gebildete Lehrerin wirkte sie bis zum Eintritt in den Ruhestand 1924 sehr erfolgreich an unserer Schule. Immer wieder lesen wir in der Festschrift von Dr. Zechlin zum 50jährigen Bestehen der Höheren Mädchenschule von Aufführungen, die sie mit ihren Schülerinnen einstudiert hatte, z.B. im Jahr 1900 zum 25jährigen Bestehen der Schule oder 1908 zur Einweihung des neuen Schulgebäudes in der Feldstraße.
Der frauenORT Elisabeth Maske ist in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten von Hansestadt und Landkreis Lüneburg, dem MTV Treubund von 1848 e.V. sowie dem Stadtarchiv Lüneburg entstanden. Dort befindet sich inzwischen auch das umfangreiche Archiv des MTV Treubund mit wertvollen Dokumenten. Für seine Archivarbeit wurde der MTV Treubund vom Vizepräsidenten des Landessportbundes Thorsten Schulte beim Festakt besonders gelobt.
Der MTV Treubund hat Lia Maske auch bei seiner Gala in der Kreideberghalle am Sonnabend, dem 19. November 2016, mit einer Polonaise von über 30 Turnerinnen in der historischen Turnkleidung ihrer Zeit gewürdigt. Unter großem Beifall marschierten wir in den langen Röcken und weißen Blusen mit Matrosenkragen von 1890, den schon fortschrittlichen Pumphosen mit schwarzen Kniestrümpfen aus dem Jahr 1913 oder den fast schon modernen kniefreien Hosen mit flottem angeknüpftem Oberteil aus dem Jahr 1921. Wir hatten viel Spaß und konnten uns ein klein wenig in die damalige Zeit hineinversetzen. Welch einen Kontrast bildeten die artistischen Darbietungen der folgenden Gruppen in funktionaler Sportkleidung! Dank an die Pionierin Lia Maske!
Wir vom Bund der Ehemaligen der Wilhelm-Raabe-Schule blicken mit Dankbarkeit, Anerkennung und Stolz auf den Lebensweg und die Leistungen der ehemaligen Schülerin und Lehrerin der heutigen Wilhelm-Raabe-Schule. In den Mitteilungen 2017 werden wir Lia Maske würdigen. Ob sie Mitglied im Bund ehemaliger Schülerinnen war, konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen. Vielleicht kann uns jemand Hinweise geben.
Dr. Luise Reinhardt-Drischler